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Im ersten Beitrag wurden Fallkonstellationen dargestellt, in welchen gegen den Betroffenen vorgegangen werden muss. Doch wie bereits angedeutet, bedeutet die fehlende vertragliche Verbindung zwischen Rechtsschutzversicherer und Anwaltskanzlei nicht, dass der Rechtsschutzversicherer nicht gegen die Anwaltskanzlei vorgehen kann. Hier hilft § 86 VVG weiter. Somit kann in den nachfolgend dargestellten Fällen ein Anspruch gegenüber der Anwaltskanzlei bestehen:

Überzahlung, Streitwertreduzierung, Terminsgebühr

Im Rahmen der Bearbeitung kann es zu Überzahlungen seitens des Anwaltes durch die Abrechnung von Vorschüssen kommen. Dies ist z.B. der Fall, wenn sich der Streitwert durch die gerichtliche Festsetzung reduziert oder eine Terminsgebühr letzten Endes nicht oder nicht in voller Höhe entstanden ist. Insofern ist darauf abzustellen, ob im Rahmen des Mandatsverhältnisses eine Überzahlung vorliegt. An dieser Stelle sind auch die Fragen der richtigen Abrechnung, z.B. die Höhe des Gegenstandswertes, die Höhe der Geschäftsgebühr und Anrechnungsfragen zu klären. Ist dies der Fall, hat der Versicherte einen Anspruch nach § 812 BGB.

Erstattungen Dritter/Gerichtskostenerstattung

Des Weiteren kann es im Rahmen der Mandatsbearbeitung zu Erstattungen kommen. Hiervon umfasst sind die Fälle, in denen ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten besteht, wie z.B. bei Verkehrsunfällen oder bei der Arzthaftung. Sofern die Gegenseite die vorgerichtlichen Kosten im Rahmen der außergerichtlichen Regulierung oder auf Grund eines Urteiles/Vergleiches bezahlt, hat der Mandant gegen den Anwalt einen Herausgabeanspruch nach §§ 675, 667, 670 BGB. Auch umfasst sind die Fälle, in denen die Prozesskosten auf Grund einer entsprechenden Kostenregelung im Urteil/Vergleich von der Gegenseite des Ausgangsprozesses (teilweise) zu erstatten sind. Sofern Erstattungen erfolgen, besteht ebenfalls ein Herausgabeanspruch des Mandanten nach §§ 675, 667, 670 BGB. Gleiches gilt bei der Erstattung von Gerichtskosten wegen Reduzierung der Gerichtsgebühr oder bei Erstattung nicht verbrauchter Vorschüsse. Eine weitere Problematik die sich hier stellt, ist die richtige Anwendung des Quotenvorrechtes. Hierauf soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden. Lediglich auf das Urteil des BGH vom 10.06.2021, Az, IX ZR 76/20 möchten wir an dieser Stelle hinweisen.

Pflichtverletzung

Auch können dem Anwalt Fehler in der Mandatsbearbeitung unterlaufen. Sofern der Anwalt im Rahmen der Mandatsbearbeitung einen Fehler begeht durch welchen ein kausaler Schaden entsteht, macht er sich (gegenüber seinem Mandanten) schadensersatzpflichtig. Problem ist jedoch, dass der Rechtsschutzversicherer die Kosten übernommen hat, so dass der Schadenseintritt auf den ersten Blick fraglich erscheint. Allerdings ist und bleibt der Versicherte Kostenschuldner sowohl gegenüber der Kanzlei als auch als Partei eines Prozesses gegenüber dem Gericht. Somit ist ein Schaden bei diesem eingetreten. In einem solchen Fall hat der Mandant einen Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. mit dem Anwaltsvertrag.

In diesem und in dem letzten Beitrag wurden mögliche Fallkonstellationen, in welchen aus Sicht der Rechtsschutzversicherer eine Überzahlung vorliegt, dargestellt und aufgezeigt, gegen wen in diesen Fällen vorgegangen werden kann. Die Aufzählung ist nicht abschließend, sollte Ihnen aber einen Überblick über die gängigen Fallkonstellationen gegeben haben. Selbstverständlich entbindet dies nicht von der Prüfung im Einzelfall. Denn wie sagen wir Juristen so schön: Es kommt darauf an…

Anne Pehlke, Rechtsanwältin H&P Rechtsanwälte