+49 (0) 351 44848 0 dresden@holzhauser.de

Heute berichten wir wieder über einen Regress, den wir für einen großen deutschen Sachversicherer gerichtlich geführt haben.

Der Versicherungsnehmer unserer Mandantin hatte einen Architekten mit den Planungsleistungen bezüglich eines neu zu errichtenden Objekts beauftragt. Zudem war von dem Architekten auch die Bauüberwachung geschuldet, wobei dessen Umfang strittig war. Der Architekt behauptete, dass lediglich eine stichprobenartige Bauüberwachung beauftragt war.

Die Einmessung des Objekts einschließlich der Erstellung des Schnurgerüstes erfolgte durch den Architekten nach Maßgabe des von ihm erstellten Lageplans. Danach sollte das Gebäude mit der Oberkante Fertigfußboden bei 19,90 mNN (Meter über Normalnull) liegen. Tatsächlich wurde das Objekt vom Generalunternehmer jedoch 49 cm tiefer errichtet. Es liegt daher niveaugleich mit dem Kanaldeckel des öffentlichen Kanalnetzes bei 19.41 mNN.

Anfang Juni 2016 kam es in dem Gebäude zu einem Wasserschaden. Infolge von Niederschlag gab es einen Rückstau im öffentlichen Kanalnetz, wodurch Wasser aus dem Ablauf der bodenebenen Dusche im Bad des Erdgeschosses austrat. Unsere Mandantin regulierte den entstandenen Gebäude- und Hausratschaden und beauftragte uns mit der gerichtlichen Durchsetzung der Regressansprüche gegen den Architekten.

Das Landgericht Duisburg gab unserer Klage mit Urteil vom 16.09.2021, Az. 8 O 77/20, größtenteils statt: Der Architekt hätte auch bei einer stichprobenhaften Bauüberwachung und -kontrolle wegen der besonderen Bedeutung für das Gelingen der Neubaumaßnahmen die richtige Höhenlage der errichteten Bodenplatte überprüfen und hierzu konkrete Feststellungen treffen müssen.

Im Rahmen der Objektüberwachung gilt als Faustregel, dass der Umfang der Überwachungspflichten proportional zum Risiko einer fehlerhaften Ausführung ansteigt. Je wichtiger das jeweilige Detail ist, je schwieriger und schadensträchtiger eine Tätigkeit an sich ist und je mehr Umstände zu Fehlern führen können, umso wachsamer muss der Architekt sein, um frühzeitig eingreifen und Schäden abwenden oder mindern zu können (BGH, Urteil vom 09.11.2000, Az. VII ZR 362/99).

Der Architekt muss sein Augenmerk im Rahmen der ihm übertragenen Bauleitung/-überwachung insbesondere auf schwierige oder gefahrenträchtige Arbeiten, typische Gefahrenquellen und kritische Bauabschnitte richten, wozu Betonierungs- und Bewehrungsarbeiten, Ausschachtungs- und Unterfangungsarbeiten sowie vergleichbare Arbeiten gehören. Solche Arbeiten müssen in besonderer, gesteigerter Weise vom Architekten beobachtet und überprüft werden.

Das Landgericht Duisburg wies in seinem Urteil auf die überragende Bedeutung, die eine ordnungsgemäße Errichtung der Bodenplatte für das Gesamtgebäude hat, hin. Dies betrifft nicht nur den baulichen Zustand der Bodenplatte, sondern auch ihre Dimensionierung und Positionierung. Gerade die Höhenposition ist nach Auffassung des Landgerichts Duisburg von entscheidender Wichtigkeit für die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Vorgaben, aber auch für die Sicherung des Gebäudes vor Feuchtigkeitsschäden. Die Höhenposition von knapp einem halben Meter Unterschied sollte gerade für den Architekten, der das Schnurgerüst selbst abgesteckt und die Höhe der Bodenplatte geplant hat, mit bloßem Auge erkennbar sein.

Hätte der Architekt, wonach er nach Auffassung des Landgerichts Duisburgs aus den vorstehenden Gründen verpflichtet war, die Bodenplatte nach deren Errichtung sorgfältig auf ihre Höhenlage überprüft, wäre es nicht zu dem entstandenen Rückstauschaden gekommen. Zumindest hätte der Schaden durch andere Maßnahmen, wie beispielsweise den Einbau einer Rückstausicherung, vermieden werden können. Das Landgericht sah daher einen Überwachungsfehler des Architekten, der kausal für den eingetretenen Rückstauschaden war. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Haftung des Architekten wird bei der Regressprüfung häufig übersehen, obwohl sich gerade auch bei Rückstauschäden regelmäßig Anhaltspunkte für eine mangelhafte Planung oder unzureichende Bauüberwachung ergeben.

Thomas Litzenburger, Rechtsanwalt & Geschäftsführer H&P Rechtsanwälte