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Ab 01.07.2022 wird das neue Melde- und Nachweissystem eAU in Kraft gesetzt. Dieses sieht vor, dass dann, wenn ein Arbeitnehmer erkrankt, der Arzt dies der Krankenkasse des erkrankten Arbeitnehmers elektronisch meldet. Anschließend stellt die entsprechende Krankenkasse dem Arbeitgeber die eAU zum Abruf bereit. Dieser ruft die eAU dann nur noch über seine Lohnabrechnungssoftware ab.

Ab Juli 2022 werden die Arbeitnehmer dem Arbeitgeber daher die Arbeitsunfähigkeits-bescheinigung nicht mehr in Papierform vorlegen müssen.

Das bisherige Verfahren sieht vor, dass ein erkrankter Arbeitnehmer von seinem Arzt bei Feststellung einer Erkrankung, welche eine Arbeitsunfähigkeit begründet, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen in vierfacher Ausfertigung ausgedruckt erhält. Ein Exemplar verbleibt beim Arzt, ein Exemplar ist für die persönlichen Unterlagen des Arbeitnehmers gedacht. Ein drittes Exemplar muss der Arbeitnehmer an seine Krankenkasse weiterleiten und das vierte Exemplar, welches keine Diagnose enthält, muss der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber abgeben. Der Arbeitnehmer ist sodann dafür verantwortlich, dass die Belege rechtzeitig bei seinem Arbeitgeber und bei seiner Krankenkasse eingehen.

Mit dem Dritten Bürokratie-Entlastungsgesetz wurde schon Ende 2019 die Umstellung von der Krankmeldung in Papierform auf die elektronische Fassung auf den Weg gebracht. Der bisher übliche Papierberg und die aufwändige Verteilung sollen durch die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) hinfällig werden und damit zur Entlastung aller Beteiligten beitragen. Am Ende sollen Arbeitgeber die für die Entgeltfortzahlung notwendigen Daten – wie z. B. Beginn und Dauer der Arbeitsunfähigkeit und Ende der Entgeltfortzahlung – direkt von der jeweiligen Krankenkasse elektronisch abrufen können.

Das neue Verfahren wird ausschließlich elektronisch mit gesicherter und verschlüsselter Übertragung durchgeführt. Der Ablauf sieht im Einzelnen wie folgt aus:

  1. Der Arbeitnehmer informiert seinen Arbeitgeber auch weiterhin unverzüglich nach Kenntnis über eine seine, die Arbeitsunfähigkeit begründende Erkrankung und deren voraussichtliche Dauer. Er darf also nicht erst nach dem Arztbesuch seinen Arbeitgeber informieren, sondern sollte dies spätestens vor dem vorgesehenen Beginn seiner Arbeit vornehmen.
  2. Der Arzt füllt nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit die digitale Arbeitsunfähigkeits-bescheinigung am Bildschirm seines PC aus, versieht sie mit einer elektronischen Signatur und übermittelt sie digital direkt an die zuständige Krankenkasse des erkrankten Arbeitnehmers. Die Beschäftigten erhalten, wenn sie möchten, einen Beleg für die persönlichen Unterlagen, der ausgedruckt oder ebenfalls digital übermittelt wird.
  • Die Krankenkasse erstellt nach Eingang der eAU eine Meldung mit den erforderlichen Daten zum Abruf für den Arbeitgeber. Auch die von Krankenhäusern und Reha-Einrichtungen an die Krankenkasse gelieferten Daten zur Arbeitsunfähigkeit werden so zur Verfügung gestellt.
  • Arbeitgeber fordern die bereitgestellten Daten bei der Krankenkasse an. Diese werden spätestens am folgenden Werktag übermittelt.
  • Stellt die Krankenkasse fest, dass die Entgeltfortzahlung wegen anrechenbarer Vorerkrankungszeiten ausläuft, lässt sie dem Unternehmen auch die für die Entgeltabrechnung relevanten Vorerkrankungszeiten zukommen.

Ausnahmen und Sonderfälle: Minijob und Privatversicherte

Die Daten aus der eAU von geringfügig Beschäftigten werden von der Krankenkasse für die Weiterleitung an die Knappschaft-Bahn-See (Minijobzentrale) bereitgestellt. Die Minijobzentrale kann sie anfordern, wenn der Arbeitgeber dort einen Antrag auf Erstattung von Entgeltfortzahlungskosten stellt.

Bei Arbeitnehmern, die in einer privaten Krankenversicherung versichert sind, ist die elektronische Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis auf weiteres ausgesetzt. In diesen Fällen druckt der Arzt oder die Ärztin die elektronisch signierten Formulare für Krankenkasse, Betrieb und Erkrankten aus. Privat Versicherte müssen die Exemplare für den Arbeitgeber und die private Krankenversicherung, wie bisher, selbst an diese weiterleiten.

Zukünftig gilt also, dass Beschäftigte die Arbeitsunfähigkeit unverändert ärztlich feststellen lassen müssen. Die Pflicht zur Vorlage des Attests im Unternehmen entfällt jedoch, weil der Betrieb die erforderlichen Daten bei der eAU direkt von der zuständigen Krankenkasse übermittelt bekommt.

Die eAU hat viele Vorteile

Die Einführung des neuen Verfahrens der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ist mit viel Aufwand verbunden, bringt aber auch zahlreiche Vorteile mit sich, z. B.:

  • Reduzierung der Menge an Formularen in Papierform für alle Beteiligten
  • Bürokratieabbau
  • Schnellere und sicherere Zustellung der Informationen zur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an alle Beteiligten
  • Vermeiden von Fehlerquellen, die durch mehrmaliges Versenden und Erfassen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Praxen, bei Krankenkassen und Betrieben entstehen
  • Immer vollständiger Datenbestand bei den Krankenkassen – etwa zur Abwicklung von Krankengeldzahlungen
  • Einheitliche und korrekte Daten durch die eAU bei allen Beteiligten und damit Ausschluss von Unstimmigkeiten z. B. bei der Dauer der Entgeltfortzahlung
  • Notwendige Daten zur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung liegen vollständig vor, wenn sie gebraucht werden
  • Arbeitnehmer werden von der Weiterleitungspflicht an das Unternehmen und die Krankenkasse befreit
  • Geringere Erstellungs-, Erfassungs- und Zustellkosten durch die eAU

Zeitplan und Fristen

Alle Arbeitgeber und Ärzte benötigen die technischen Voraussetzungen, welche für ein funktionierendes eAU-System erforderlich sind. Darum wurde ein stufenweises Vorgehen vereinbart.

1. Schritt: Übermittlung von der Praxis an die Krankenkasse

Seit dem 01.10.2021 können Ärzte und Ärztinnen die elektronische Krankmeldung über ihr Praxissystem bzw. das Krankenhausinformationssystem erstellen und auf elektronischem Weg an die zuständige Krankenkasse weiterleiten. Arbeitnehmer erhalten einen Ausdruck für die eigenen Unterlagen und einen zur Weiterleitung an den Arbeitgeber.

Für Praxen, bei denen die technischen Voraussetzungen zu diesem Termin noch nicht vorlagen, wurde eine Übergangsregelung vereinbart. Sie durften bis zum 31.12.2021 weiterhin wie gewohnt das gelbe Blankoformular ausstellen. Spätestens zum 01.01.2022 müssen jedoch alle Ärzte und Ärztinnen auf das neue Verfahren umgestellt haben.

2. Schritt: Übermittlung von der Krankenkasse an den Betrieb des Arbeitgebers

Ab dem 01.07.2022 sollen die gesetzlichen Krankenkassen den Arbeitgebern die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zum Abruf bereitstellen und auf Anforderung übermitteln. Die Krankschreibung soll dann nur noch digital erfolgen. Versicherte bekommen, wenn sie das möchten, ihre Ausfertigung und die für den Betrieb digital übermittelt oder vom Arzt bzw. der Ärztin als Ausdruck zur Verfügung gestellt.

Horst Reinemann, Rechtsanwalt H&P Rechtsanwälte