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Lange war umstritten, ob es sich bei der Reiserücktrittskostenversicherung um eine Summen- oder eine Schadenversicherung handelt. Diese Streitfrage hat der BGH in seinem Urteil vom 21.04.2021, Az. IV ZR 169/20, nunmehr beantwortet. Zudem stellt der BGH in seinem Urteil klar, dass auch bereicherungsrechtliche Ansprüche nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG übergangsfähig sind und dass § 86 Abs. 1 S. 1 VVG auch bei Leistung des Versicherers trotz fehlender rechtlicher Verpflichtung Anwendung findet. Das Urteil ist daher für die Regressbearbeitung in vielerlei Hinsicht interessant.

§ 86 Abs. 1 VVG regelt den gesetzlichen Forderungsübergang in der Schadenversicherung. Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt hat. Der gesetzliche Anspruchsübergang gilt jedoch nicht für die Summenversicherung.

Bei der Summenversicherung verspricht der Versicherer, nach Eintritt des Versicherungsfalles eine im Voraus fixierte Geldleistung ohne weiteres zu erbringen. Beispiele für eine Summenversicherung sind die Lebensversicherung, die Krankentagegeldversicherung oder die Unfallversicherung.

Bei der Schadenversicherung ist die Leistung des Versicherers durch den entstandenen Vermögensschaden bedingt und begrenzt. Typische Schadenversicherungen sind die Gebäudeversicherung oder die Hausratversicherung.

Der BGH stellt in seinem Urteil nunmehr klar, dass es sich bei der Reiserücktrittskostenversicherung um eine Schadenversicherung handelt. Anders als bei der Summenversicherung stehe die vom Versicherer zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles zu erbringende Leistung nicht bereits bei Vertragsschluss fest. Die Versicherungsleistung orientiere sich an den vom Reiseveranstalter in Rechnung gestellten Stornokosten, welche sich nach den zum Zeitpunkt der Reisestornierung maßgeblichen Faktoren richte, wie bspw. dem individuellen Reisepreis, dem Zeitpunkt der Stornierung, dem Stornierungsumfang, etc.

Ferner hat der BGH in seinem Urteil klargestellt, dass zu den nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG übergangsfähigen Ansprüchen auch solche aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. §§ 812 ff. BGB zählen. Übergangsfähig sei somit auch der Anspruch auf Rückzahlung überbezahlter Stornoleistungen. Hierfür spreche u.a. der Schutzzweck des § 86 VVG. Mit diesem sollen zwei Ziele verfolgt werden. Zum einen soll der Schädiger durch die Leistung des Versicherers nicht entlastet werden, zum anderen soll der Versicherungsnehmer sich nicht an der Leistung des Versicherers bereichern.

Zudem weist der BGH erneut darauf hin, dass der gesetzliche Übergang nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG auch dann Anwendung findet, wenn der Versicherer trotz fehlender rechtlicher Verpflichtung leistet. Somit sind vom Übergang auch reine Kulanzleistungen des Versicherers in der Schadenversicherung erfasst.

Thomas Litzenburger, Rechtsanwalt H&P Dresden