Kommt es zum Bruch einer Wasserversorgungsleitung, haftet der Inhaber der Leitung (Wasserversorger) nach § 2 Abs. 1 HPflG verschuldensunabhängig für den entstandenen Folgeschaden. Ein Anspruch ist jedoch gem. § 2 Abs. 3 Nr. 1 HPflG ausgeschlossen, wenn sich der Rohrbruch innerhalb des Gebäudes ereignet.
Umstritten ist, ob der Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 3 Nr. 1 HPflG auch beim Bruch der Versorgungsleitung in der Wanddurchführung greift. Diese Frage ist in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt.
Das Landgericht Mannheim vertritt in seinem Urteil vom 14.11.2014 (Az. 1 S 33/14) die Auffassung, dass für den Fall, dass die Bruchstelle der Versorgungsleitung innerhalb der Außenmauer liegt, der Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 3 Nr. 1 HPflG greife, so dass ein Anspruch nach § 2 Abs. 1 HPflG ausscheide. Es verweist in seinem Urteil darauf, dass der Gesetzeswortlaut nur zwischen den Bereichen „innerhalb“ und „außerhalb“ eines Gebäudes unterscheide. Einen Zwischenbereich gäbe es nicht. Bei Auslegung des Gesetzeswortlautes sei es naheliegend, auch die das Gebäude abschließende Außenwand dem Bereich „innerhalb“ des Gebäudes zuzurechnen, da die Außenwand Teil des Gebäudes sei und das Gebäude zum Außenbereich abgrenze.
Die Auffassung des Landgerichts Mannheim teilen wir nicht.
Nach dem natürlichen Sprachgebrauch tritt ein Ereignis „innerhalb eines Gebäudes“ ein, das sich in dem durch Bodenplatte, Wände und Dach umgrenzten Raumgebilde, nicht aber unterhalb dieses Bauwerks oder in dessen seitlichen Begrenzungen (Wänden) abspielt (so auch OLG Stuttgart, Urteil vom 11.09.2002, Az. 4 U 69/02 unter Bezugnahme auf OLG Braunschweig, Urteil vom 09.09.1983, Az. 2 U 29/83). Ebenso widerspricht es dem natürlichen Sprachgebrauch, den Rohrabschnitt in der Wanddurchführung als „in dem Gebäude befindlich“ zu bezeichnen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH soll der Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 3 Nr. 1 HPflG immer dann vorliegen, wenn die Schadensursache im beherrschbaren Risikobereich des Anschlussnehmers liegt (vgl. BGH Urteil vom 12.01.1982, Az. VI ZR 240/80 sowie Urteil vom 04.12.2001, Az. VI ZR 447/00). Dies ist für den Leitungsteil der Fall, den der Anschlussnehmer jederzeit ungehindert in Augenschein nehmen und auf Undichtigkeiten oder sonstige Schadstellen überprüfen kann.
Der Leitungsabschnitt, der sich innerhalb des Außenmauerwerks befindet, ist für den Anschlussnehmer jedoch nicht kontrollierbar. Er liegt somit nicht in seinem beherrschbaren Bereich.
Für die hier vertretene Auffassung spricht schließlich auch der amtliche Leitsatz des BGH in seinem Urteil vom 11.09.2014, Az. III ZR 490/13. Dieser lautet:
„Der Haftungsausschlusstatbestand des § 2 Abs. 3 Nr. 1 HPflG ist erfüllt, wenn der innerhalb eines Gebäudes entstandene (Wasser-)Schaden auf eine Rissbildung in einem Rohr des Teils des (zu den Betriebsanlagen des Wasserversorgungsunternehmens gehörenden) Hausanschlusses zurückzuführen ist, der sich (frei liegend) zwischen der Wanddurchführung in das Gebäudeinnere und der Hauptabsperrvorrichtung befindet.“
In einem von uns für einen großen deutschen Sachversicherer geführten Regress hat sich das Landgericht Kassel in seinem Urteil vom 21.10.2020, Az. 5 O 874/19, unserer Rechtsauffassung angeschlossen. Nach Meinung des Landgerichts Kassel befindet sich der Teil der Wasserversorgungsleitung innerhalb der Kelleraußenwand nicht „innerhalb des Gebäudes“ im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 HPflG, mit der Folge, dass unserer Klage stattgegeben wurde. Das Urteil ist rechtskräftig.
Thomas Litzenburger, Rechtsanwalt H&P Dresden
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