Jeder Wanderer, jeder Spaziergänger kennt sie: Trampelpfade. Eingetretene Wege geben Orientierung. Sie geben Sicherheit in einer unbekannten Umgebung. Dabei ist es aber ungemein wichtig, dennoch ab und an die Richtung zu überprüfen und einen Blick auf die Karte zu werfen.
Diese Denkweise lässt sich auch auf unternehmerische Entscheidungen übertragen. Unter Pfadabhängigkeit wird vereinfacht beschrieben das Festhalten an bekannten Vorgehensweisen trotz nachweislich zurückgehender Erfolge verstanden. Die Gründe für dieses Festhalten sind vielfältig. Im Kontext von Familienunternehmen spielen zwei Faktoren häufig eine Rolle: Tradition und Entscheidungszentrierung. Das oberste Ziel vieler Familienunternehmen ist das Generationen übergreifende Überlebensziel. Die Grundlage für die Zielerreichung wurde durch die erfolgreiche Positionierung am Markt dank der Kernkompetenz des Unternehmens geschaffen. Über die Jahre – oder Jahrzehnte – haben sich Vorgehensweisen und Produkteigenschaften eingeschliffen, die das Unternehmen als Erfolgsgarant wertet. Häufig werden diese Produkte und Prozesse dann nicht mehr hinterfragt. Dadurch kann es zum Übersehen oder gar bewussten Ignorieren von Innovationen in angrenzenden Branchen oder Produktarten kommen. Das Unternehmen läuft Gefahr, den Anschluss an den Markt zu verlieren: „Das haben wir doch schon immer so gemacht und wir hatten damit immer Erfolg“. Die Erfolge aus der Vergangenheit führen zum Festhalten an veralteten Strategien in der Gegenwart.
Hier kommt die insbesondere in kleinen und mittleren Familienunternehmen häufig anzutreffende Entscheidungszentrierung ins Spiel: Aufgrund begrenzter Managementressourcen werden strategische Entscheidungen in erster Linie von der zentralen Entscheiderin bzw. dem zentralen Entscheider getroffen. Diese Person orientiert sich dann nicht selten an dem ihr bekannten Wissen, was insbesondere in Krisensituationen problematisch sein kann. Neue Informationsquellen werden dann nicht einbezogen. Es kann auch zum Ignorieren alternativer Vorgehensweisen kommen: „Das wird schon funktioniert. Das hat es in der Vergangenheit auch immer.“ Kommt es zu dem bewussten oder unbewussten Ignorieren von Alternativen trotz rückläufiger Ergebnisse und hält die Person an den bekannten Vorgehensweisen fest, befindet sich die Organisation in dem so genannten Lock-In: Sie ist die Gefangene ihrer alten Erfolge.
Umso weniger Personen strategische Entscheidungen treffen, desto anfälliger kann das Unternehmen für Pfadabhängigkeit sein. Deshalb ist es unabdingbar, in regelmäßigen Abständen einen Blick auf die sprichwörtliche Karte zu werfen: Sind wir auch mit den altbewährten Produkten und Praktiken noch auf dem richtigen Weg? Gibt es vielleicht eine neue Karte mit neuen Wegen, die wir erkunden sollten? Das Traditionsbewusstsein von Familienunternehmen kann eine immense Stärke sein. Solange sich ein Familienunternehmen der Wirkung von Traditionen auf den strategischen Entscheidungsspielraum bewusst ist und die Tradition trotz aller Sentimentalität regelmäßig hinterfragt wird, ist daran auch nichts auszusetzen.
Sie haben Fragen zu Management im Mittelstand? Wir sind gerne für Sie da!
Bleiben Sie gesund!
Mit den besten Grüßen,
Dr. Henny Lena Holzhauser
Betriebswirtin
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