Fahrradfahrer/innen oder Nutzer/innen von Pedelecs bzw. E-Bikes wähnen sich allzu oft in rechtlicher Sicherheit, wenn sie am Straßenverkehr teilnehmen. Nicht zuletzt greifen viele Pkw-Fahrer/innen im Falle einer Alkoholisierung scheinbar vorbildlich auf das Fahrrad zurück, ohne zu wissen, dass es auch hier mit 1,6 Promille eine Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit gibt, bei deren Überschreitung auch mit der Entziehung der Fahrerlaubnis für Pkw gerechnet werden kann. Es kann sogar das Verbot ausgesprochen werden, zukünftig mit erlaubnisfreien Fortbewegungsmitteln, also auch Fahrrädern, am Straßenverkehr teilzunehmen. Es greifen somit verschiedene gesetzliche Regelungen, deren Unkenntnis oder Nichtbefolgung erhebliche Folgen nach sich ziehen kann.
Auch mögliche zivilrechtliche Haftungsrisiken und bußgeldbewährte Handlungen bei der Benutzung von (Elektro-) Fahrrädern sind gemeinhin eher unbekannt und Verkehrsverstöße aufgrund der geringeren Hemmschwelle allgegenwärtig. Doch auch Fahrradfahrer unterliegen als Verkehrsteilnehmer den gesetzlichen Regelungen des Straßenverkehrs – insbesondere der Straßenverkehrsordnung – und bei etwaigen Verstößen hiergegen drohen mitunter erhebliche Strafen.
Wirft man einen Blick in die aktuell geltende Bußgeldtabelle, so sieht man, dass bereits das Hindern von Fußgängern am Überqueren eines Zebrastreifens ein Bußgeld von 80 € sowie einen Punkt vorsieht. Auch eine verbotswidrige Handynutzung während der Fahrt (55 € und ein Punkt) sowie ein Rotlichtverstoß (60 € – 180 € und ein Punkt) verdeutlichen beispielsweise die teilweise hohen Bußgelder. Erst im April 2021 hat die Verkehrsministerkonferenz höhere Bußgelder für Geschwindigkeitsüberschreitungen und andere Verkehrsverstöße mit Wirkung ab Spätsommer dieses Jahres beschlossen, sodass sich diese Bußgelder bald noch erhöhen. Nicht zuletzt wegen dieser Entwicklungen sollten sich Fahrradfahrer ihre verkehrsrechtliche Relevanz bewusst machen.
Seit 2017 beschreibt § 63 a I StVZO das Fahrrad als „ein Fahrzeug mit mindestens zwei Rädern, das ausschließlich durch die Muskelkraft auf ihm befindlicher Personen mit Hilfe von Pedalen oder Handkurbeln angetrieben wird“. Die nunmehr ausdrückliche, gesetzliche Normierung der Fahrräder, unterstreicht einmal mehr deren verkehrsrechtliche Bedeutung – nicht zuletzt wegen der Vielzahl von Verkehrsunfällen unter Beteiligung von Fahrradfahrern. Für das Verhalten im Straßenverkehr gelten die allgemeinen Verkehrsregeln der Straßenverkehrsordnung (StVO). Die Fahrweise der Radfahrer wird in § 2 IV, V StVO angesprochen. Hieraus ergibt sich unter anderem die besondere Rücksichtnahme auf Fußgänger. Der Fußgängerverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden.
Einer Versicherungspflicht unterfallen Fahrräder grundsätzlich nicht und es gibt keine Fahrerlaubnispflicht für deren Benutzung im öffentlichen Straßenverkehr. Daher ist die Teilnahme am Straßenverkehr mittels Fahrrad grundsätzlich jedermann möglich und unterliegt insoweit keinen großen Hindernissen. Auch eine Pflicht zum Tragen eines Helmes besteht nicht. Es ist jedoch allgemein anerkannt, dass durch das Tragen eines Helmes schwerere Verletzungen vermieden werden können. Insoweit kann das Nicht-Nutzen dieses Schutzmechanismus zu einer Anspruchskürzung seitens des Fahrradfahrers aufgrund Mitverschuldens führen. Auch können sich Verkehrsverstöße von Fahrradfahrer/innen erheblich auf die Nutzung anderer Fahrzeuge auswirken, insbesondere bei Überschreitung der 1,6- Promillegrenze.
Auf Fahrrädern (Lenker, Stange, Rücksitz) dürfen grundsätzlich keine Personen mitgenommen werden. Fahrten auf einem Tandem-Fahrrad sind hingegen keine Mitnahme i. S. v. § 21 StVO. Ausnahmsweise (§ 21 III 1 StVO) dürfen auf Fahrrädern Kinder bis zum vollendeten 7. Lebensjahr von mindestens 16 Jahre alten Personen mitgenommen werden, wenn für die Kinder besondere Sitze vorhanden sind und durch Radverkleidungen oder gleich wirksame Vorrichtungen dafür gesorgt ist, dass die Füße der Kinder nicht in die Speichen geraten können. Einen Radfahrer, der ein Kind nicht in einem Kindersitz, sondern auf einem Gepäckträger ohne ausreichende Sitzgelegenheit mitnimmt, trifft bei einem Unfall eine Mitverantwortung, wenn die hierdurch bedingte Instabilität für einen Unfall mitursächlich ist.
Auch die Nutzung von Fahrradanhängern bedarf besonderer Beachtung. Tiere und transportierte Sachen sind gegen Herausschleudern zu sichern. Seit 1.9.2009 lässt § 21 III 2 StVO ausdrücklich Personenbeförderung zu: In Anhängern hinter Fahrrädern, die zur Beförderung von Kindern eingerichtet sind, dürfen bis zu zwei Kinder bis zum vollendeten 7. Lebensjahr von mindestens 16 Jahre alten Personen mitgenommen werden (§ 21 III 2 StVO). Die Begrenzung auf das vollendete 7. Lebensjahr gilt hingegen nicht für die Beförderung eines behinderten Kindes (§ 21 III 2 StVO). Lastenanhänger dürfen nicht zum Personentransport genutzt werden (§ 21 II 4 StVO); das gilt auch für Fahrradanhänger. Werden Kinder im Anhänger transportiert, ist ein Helm zwar nicht vorgeschrieben, aber sinnvoll. Die vorgeschriebenen Gurte sollen ein Herausschleudern des Kindes im Falle einer Kollision verhindern. Zu bedenken ist für den Radfahrer die veränderte Fahrdynamik (z. B. anderes Bremsverhalten) von Fahrrädern, an denen ein Anhänger befestigt ist.
Ein Trailer-Bike (Anhängefahrrad für Kinder) ist letztlich nichts anderes als ein Fahrradanhänger. Es gelten daher auch dessen Regelungen. Für Pedelecs gelten die Regeln wir für Fahrräder.
Doch welche Unterschiede gilt es bei E-Bikes zu beachten?
Die stärkeren E-Bikes können elektrisch unterstützt bis zu 45 km/h schnell werden. Für sie ist immer eine Fahrerlaubnis oder ein Mofa-Führerschein vorgeschrieben. Außerdem sind Betriebserlaubnis und Versicherungskennzeichen für jedes E-Bike erforderlich, egal wie stark oder schnell es ist.E-Bikes gelten rechtlich als Kleinkrafträder mit geringer Leistung. Mit einem E-Bike dürfen Radwege nur benutzt werden, die mit einem Zusatzschild auch für Mofas freigegen sind. Die Benutzung von touristisch interessanten Radwegen ist für E-Bikes verboten, wenn motorisierte Zweiräder als verboten ausgeschildert sind.
Aktuell wird im § 21a II StVO für Zweiräder mit bis zu 20 km/h bauartbedingter Höchstgeschwindigkeit kein Helm gefordert. Eine Helmpflicht wird kontrovers diskutiert, da mit Pedalunterstützung eine höhere Geschwindigkeit problemlos erreichbar ist. Die Helme müssten dann wie für Mofas, Roller und Motorräder den gültigen Normen entsprechen.
Für das E-Bike gelten strengere Promillegrenzen als für das normale Fahrrad, da das E-Bike als Kraftfahrzeug eingestuft ist. Für das Führen eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr gelten deutlich schärfere Regelungen. Auch für den Transport von Kindern in einem geeigneten Anhänger gilt ein Unterschied. Mit dem Fahrrad ist es erlaubt, mit dem E-Bike ist es verboten.
Da viele rechtliche Fragen aber noch nicht abschließend geklärt sind, ist es immer sinnvoll, sich anwaltlicher Hilfe zu bedienen, wenn Bußgeldbescheide ergehen, Strafverfahren eingeleitet werden, oder Schadensersatzansprüche gelten gemacht bzw. abgewehrt werden sollen. Gerne stehen wir Ihnen dabei zur Seite.
Christian Wagner, Rechtsanwalt H&P Dresden
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