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Ich habe in meinem letzten Beitrag die Pflichten eines Rechtsanwaltes gegenüber einem rechtsschutzversicherten Mandanten dargestellt, über welche der BGH in seinem Urteil vom 16.09.2021, Az. IX ZR 165/19 zu befinden hatte. In diesem Urteil hat der BGH auch zur Wirkung der Deckungszusage Stellung bezogen, auf welche ich im hiesigen Beitrag näher eingehen möchte.

Es dürfte allgemein bekannt sein, dass die Deckungszusage als deklaratorisches Anerkenntnis gegenüber dem (Mit-)Versicherten gilt, mit der Folge, dass dem Versicherer Einwendungen verwehrt sind, die er kennt und – manche gehen sogar soweit zu sagen – mit denen er rechnet. Wegen der zentralen Bedeutung der Deckungszusage kann der Versicherer diese daher nur unter bestimmten Voraussetzungen beseitigen. Erst wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass es Gründe für eine Leistungsverweigerung gibt, kann der Versicherer die Deckungszusage widerrufen und das deklaratorische Schuldanerkenntnis kondizieren (so BGH, Urteil vom 16.07.2014, Az. IV ZR 88/13).

Soweit also die Deckungszusage mit vollständigen und wahrheitsgemäßen Angaben erlangt wird, hat diese Bestand.

Im Zeitpunkt der Deckungszusage sind nicht die konkret anfallenden Kosten bekannt. Damit kann sich die Deckungszusage auch noch nicht zur Höhe der Kosten verhalten. Diese sind erst bekannt, wenn der Versicherer über den Verfahrensgang sowie der Ausgang des Rechtsstreites informiert wurde. Aus unserer Sicht steht dies jedoch einer Kondiktion nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 86 VVG nicht entgegen, wenn sich der Versicherer bei seiner Abrechnung irrt und ihm dort ein Fehler unterläuft. Insoweit gelten die strengen Anforderungen des § 814 BGB. Dem steht auch nicht entgegen, dass es ureigene Aufgabe des Rechtsschutzversicherers ist Abrechnungen zu prüfen. Die Bearbeitung erfolgt durch Menschen und denen können Fehler unterlaufen. Das Gesetz jedenfalls unterscheidet nicht, ob es sich um ein bekanntes oder unbekanntes Aufgabengebiet handeln, in welchem der Fehler unterlaufen ist.

Lange umstritten war jedoch, wie diese Deckungszusage gegenüber dem Anwalt wirkt. Hierzu hat sich der BGH in dem o.g. Urteil geäußert. Der BGH hat in diesem Urteil festgehalten, dass die Deckungszusage nicht zu Gunsten der beauftragten Kanzlei wirkt. Damit verstößt es nicht gegen Treu und Glauben, wenn ein Rechtsschutzversicherer den Anwalt nach einem Rechtsstreit in Regress nimmt. Hierbei hat der BGH auch dargelegt, dass ein Rechtsschutzversicherer nicht verpflichtet ist, die Erfolgsaussichten einer Klage zu prüfen. Aus den ARB ergibt sich diesbezüglich zwar die Möglichkeit bei fehlenden Erfolgsaussichten die Deckung zu verweigern. Eine Verpflichtung hierzu ergibt sich aus den ARB jedoch nicht.

Allerdings merkt der BGH auch an, dass die Deckungszusage bei der Frage der haftungsausfüllenden Kausalität eine entscheidende Rolle spielt. Grundsätzlich wird an dieser Stelle zu Gunsten des Versicherten in Form eines Anscheinsbeweises vermutet, dass er bei pflichtgemäßer Beratung den Hinweisen des Rechtsanwaltes folgt, sofern nur eine Reaktion nahegelegen hätte. Und hier kommt die Deckungszusage ins Spiel. Sobald eine Chance besteht den Anspruch durchzusetzen, greift der Anscheinsbeweis bei Vorliegen einer Deckungszusage nicht ein. Insoweit besteht nämlich ein allgemeiner Erfahrungssatz dahingehend, dass bei vermindertem Kostenrisiko auch dann ein Rechtsstreit geführt wird, wenn dessen Ausgang ungewiss oder zweifelhaft ist. Im Ergebnis gilt der Grundsatz des beratungskonformen Verhaltens eines rechtsschutzversicherten Mandanten also nur dann, wenn die Rechtsverfolgung objektiv aussichtslos war. Denn ein vernünftig urteilender Mandant hat auch trotz Rechtsschutz kein Interesse daran, einen aussichtslosen Prozess zu führen.

Anne Pehlke, Rechtsanwältin H&P Rechtsanwälte